Australien befasst sich mit dem chinesischen Staat der Hackerangriffe – ist das bereits das Ende der gegenseitigen Annäherung?
Die Cyberabwehr Canberras warnt vor vermehrten Angriffen auf australische Netzwerke. Dahinter steckte Chinas Regierung. Der Vorwurf kommt zu einem politisch heißen Moment.
Eine Gruppe von Hackern namens APT40 befasst sich im Auftrag der chinesischen Regierung mit australischen Netzwerken, schreibt das Australian Signals Directorate, das für die staatliche Cyberabwehr zuständig ist. Konkret nennt Canberra das chinesische Ministerium für Staatssicherheit als Auftraggeber.
Dass die australische Regierung China wegen Cyberangriffen öffentlich kritisiert, ist ungewöhnlich. Verstärkt wird der Vorwurf dadurch, dass die Warnung mitgetragen wird von den zuständigen Behörden in sieben weiteren Ländern, darunter den USA und Deutschland. Die vom chinesischen Staat ernannte Hackergruppe habe Organisationen in verschiedenen Ländern angegriffen, heißt es in dem Bericht. Die Bedrohung ist global.
Australien versucht Beziehungen zu China zu normalisieren
Die australische Regierung könne solche Warnungen nicht ohne weiteres aussprechen, sagt Malcolm Davis vom Australian Strategic Policy Institute (Aspi), einer Denkfabrik, die dem Verteidigungsministerium nahesteht. „Das Ziel der Warnung ist einerseits Abschreckung – obwohl wir wissen, dass China kaum von Cyberangriffen betroffen ist“, sagt Davis. „Andererseits sollen die Warnungsunternehmen und Organisationen daran erinnern, sich vor Angriffen zu schützen. So kann wenigstens der potenzielle Schaden reduziert werden.»
Der öffentlich vorgetragene Vorwurf an China kommt zu einem heißen Zeitpunkt. Seit ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren versucht die Labor-Regierung des Premierministers Anthony Albanese, die Beziehungen zu Peking zu normalisieren. Unter seinem Vorgänger Scott Morrison waren sie äußerst angespannt; Peking hatte eine breite Palette australischer Produkte mit Strafzöllen oder Importverboten belegt. Als Zeichen der Annäherung reiste erst im Juni der chinesische Ministerpräsident Li Qiang, die Nummer zwei in der Pekinger Machthierarchie, zu einem viertägigen Besuch in Australien.
Für Davis zeigt die Warnung vor chinesischen Cyberangriffen, die seit über zehn Jahren regelmässig vorkämen, dass es Grenzen gibt in der Normalisierung der Beziehungen: «Es gibt Bereiche, in denen wir gemeinsame Interessen haben und zusammenarbeiten können, so beim Handel. Doch staatliches Hacking ist ein aggressiver Akt, und es ist richtig, dass die Regierung dies anprangert.» China verhalte sich nicht wie ein Partner oder ein verantwortungsvoller Staat. Das zeigt auch sein unnachgiebiges Verhalten im südchinesischen Meer oder gegenüber Taiwan.
Die Veröffentlichung der Anschuldigungen gegen APT40 gelte trotz der Verpflichtung zur Normalisierung der Beziehungen zu China im nationalen Interesse, sagte die australische Außenministerin Penny Wong laut der «Financial Times». Die Regierung habe stets darauf bestanden, dass sie mit China zusammenarbeiten wolle, ohne aber Kompromisse in Bereichen einzugehen, die für Australien wichtig seien.
China sieht die USA als Bedrohung für die globale Cybersicherheit
Auf die australische Warnung angesprochen, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums in Peking: „Wir haben uns entschieden, gegen solche wiederholten Hypes über sogenannte ‚chinesische Cyberangriffe‘ vorzugehen, um China in Sachen Cybersicherheit zu verleumden und in ein schlechtes Licht zu rücken.“
Für den Bericht verantwortlich sei aber nicht die australische, sondern die amerikanische Regierung. Die USA stehen hinter einer globalen Desinformationskampagne und seien die größte Bedrohung für die globale Cybersicherheit.
Immer wieder warnen westliche Länder vor staatlich gesponserten chinesischen Hackern. Im März erhebt das amerikanische Justizministerium Anklage gegen sieben Mitglieder von APT31, einer anderen Hackergruppe, die im Auftrag der chinesischen Staatssicherheit arbeiten soll. Britische Behörden werfen chinesischen Hackern Cyberangriffe gegen die britische Wahlbehörde und verschiedene Parlamentarier vor.
Chinas Hackerangriffe gegen westliche Länder gehören zu den großen geopolitischen Differenzen. Davis sagt: „Chinas Verhalten im südchinesischen Meer, gegenüber Taiwan oder seine Unterstützung für den russischen Krieg in der Ukraine verhindern, dass Australien und China eine wirkliche Partnerschaft aufbauen können.“ Doch dafür ist allein Peking verantwortlich.»