Mit Wind- und Sonnenkraft jagen Drohnenboote illegale Fischer, Schmuggler und feindliche U-Boote
Die Überwachung ihrer Seegebiete ist für maritime Nationen eine Herausforderung. Immer gemeinsam kommen dafür autonome Systeme zum Einsatz. Sie lösen gleich mehrere Probleme westlicher Armeen.
8,1 Millionen Quadratkilometer misst die ausschliessliche Wirtschaftszone Australiens. In diesem Gebiet kann Canberra über alle natürlichen Ressourcen verfügen: Fische, Öl und Gas, Mineralien auf dem Meeresboden. Damit sich niemand anders an diese wertvollen Rohstoffe greift, muss Australien das Seegebiet – das größer ist als seine Landfläche – ständig überwachen.
Das Problem teilen andere Länder mit Meeresanstoß: Um gegen illegale Fischerei, Drogenschmuggel, Menschenhandel oder militärische und terroristische Bedrohungen auf See gewappnet zu sein, sind große Anstrengungen nötig. Immer gemeinsame kommen dazu autonome Systeme zum Einsatz: schwimmende Überwachungsdrohnen.
Algen- und Muschelbewuchs limitieren die Einsatzdauer
Um möglichst lange auf See sein zu können, werden Sonne und Wind als Antrieb. Der limitierende Faktor für eine Mission ist im Gegensatz zu einem normalen Schiff nicht der Treibstoff, die Lebensmittelvorräte oder das Durchhaltevermögen der Mannschaft – sondern der Algen- und Muschelbewuchs am Rumpf. Dadurch kann die Gleitgeschwindigkeit eines Bootes stark beeinträchtigt werden. Da hilft nur die manuelle Reinigung in einem Hafen.
Was möglich ist, zeigt Saildrone, einen amerikanischen Anbieter, dessen unbemannte Segelboote bei der US Navy und Coast Guard im Einsatz sind. „Eine unserer Drohnen umrundete autonom die Antarktis und kehrte an ihren Startpunkt in Neuseeland zurück“, sagt Matthew Woody von Saildrone. 196 Tage dauerte die Mission, 22.000 Kilometer legte die Drohne zurück.
Saildrone hat gegenwärtig rund 150 Segeldrohnen weltweit im Einsatz – im Dienst der Wissenschaft, aber auch für militärische Überwachung, etwa im Roten Meer. Die Firma betreibt die Drohnen eigenständig, der Auftraggeber bestellt einen Datenservice. Er erhält über eine verschlüsselte Verbindung direkt die Daten, welche die Sensoren der Drohne erfassen. Das können Kameras oder Radar sein.
„Wir haben keinen Zugriff auf die Daten, und wir speichern sie auch nicht“, sagt Woody. Damit könnten auch keine sinnvollen Informationen verloren gehen, wenn eine Drohne in Händen falsche gerate.
Saildrone ist nicht der einzige Anbieter von Drohnen, welche dank Wind- und Sonnenkraft lange Missionen fahren können. Der australische Hersteller Ocius baut die 7,8 Meter lange Bluebottle – sieben davon stehen bei der australischen Marine im Einsatz. Bluebottle nutzt zusätzlich die Kraft der Wellen für den Antrieb: Eine horizontale Flosse unter dem Bug verstärkt die Wellenbewegungen und ermöglicht so einen schnelleren Vortrieb.
Segeldrohnen fahren ins Auge von Hurrikanen
Bluebottle hat wie Saildrone auch ein starres Segel, das der Tragfläche eines Flugzeugs ähnelt. Solche Flügel kommen auch bei Hochleistungssegelbooten zum Einsatz, etwa im America’s Cup. Sie sind nicht nur aerodynamisch besser geformt als herkömmliche Segel, sie sind auch stabiler. Ein wichtiger Faktor, wenn die Drohnen in Stürme geraten.
Vielfach werden Segeldrohnen bewusst im Zentrum von Wirbelstürmen geschickt ausgebildet. So überwachte die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) mit Saildrones Hurrikane in der Karibik. Mit genauen Daten können der Pfad und der potenzielle Zerstörungsgrad eines Wirbelsturmes besser vorhergesagt werden.
Bluebottle kann seinen Flügel herunterklappen und flach aufs Deck legen und so Stürme ausreiten. „Wir wenden das auch an, wenn wir möglichst wenig sichtbar sein wollen“, sagt Ian Milliner vom Hersteller Ocius, „etwa wenn wir gegen Schmuggler im Einsatz sind.“
Langsam, aber mit hoher Ausdauer
Schnell sind die Überwachungsdrohnen nicht, sie sind mit etwa acht bis zehn Kilometern pro Stunde unterwegs. Aber Reichweite und Ausdauer sind viel wichtiger als Tempo. Der Elektromotor kommt vor allem für Ausweichmanöver zum Einsatz, dazu reicht der mit Solarzellen generierte Strom. Zusätzlich haben Bluebottle und Saildrone kleine Dieselgeneratoren an Bord: Je nachdem, welche Sensoren und Systeme eingesetzt werden, wird mehr Strom benötigt, als die Solarzellen generieren.
Das gilt insbesondere für Sonar. Sonarbojen, die unter Wasser Schallsignale empfangen und teilweise auch aussenden können, kommen zum Beispiel bei der Bathymetrie zum Einsatz, der Vermessung des Seebodens. Mit der gleichen Technologie werden feindliche U-Boote aufgespürt. Segeldrohnen sind viel leiser als große Schiffe mit ihren riesigen Dieselmotoren; Die von ihnen verursachten Geräusche stören die sensiblen Sonare weniger stark.
Die Überwachungsdrohnen steuern autonom nach den Parametern, die für ihre Mission eingegeben wurden. Hindernisse weichen sie selbständig aus. „Unsere Saildrones haben mehr als eine Million Seemeilen zurückgelegt“, sagt Woody, „ohne eine einzige Kollision.“ Die Drohnen können bei Bedarf auch von einem Operator gesteuert werden, etwa in besonders dicht befahrenen See Trotzdem-Engen.
Segeldrohnen helfen gegen Besatzungsmangel
Im Vergleich zu Überwachungsflugzeugen oder bemannten Schiffen sind Segeldrohnen viel günstiger. Ocius und Saildrone schweigen sich über exakte Preise aus. Bei Saildrone heisst es, dass je nach Mission und Daten, die ein Auftraggeber wünscht, die Kosten zwischen 2000 und 30 000 Dollar pro Tag liegen.
Drohnen helfen auch bei einem anderen Problem, mit dem viele Marinen zu kämpfen haben: Genügend Seeleute zu finden. Gerade in westlichen Ländern mit geringem Bevölkerungswachstum fällt es den Streitkräften schwer, genügend Männer und Frauen aufzustellen, die bereit sind, während Monate weit weg von Familie und Freunden auf See unterwegs zu sein.
Schiffswerften und Marinen arbeiten deshalb daran, dass moderne Kriegsschiffe mit kleinerer Besatzung funktionieren können – Automatisierung und künstliche Intelligenz werden diesen Trend weiter vorantreiben. Doch es gibt Aufgaben, die nicht automatisiert werden können: So wird bei der Schiffssicherung jeder einzelne Seemann gebraucht, um ein Feuer zu löschen oder ein Leck so weit einzudämmen, dass das Schiff nicht sinkt.
Auch um Schmugglerboote zu stoppen, braucht es Soldaten. Darum kommen Drohnen meist im Verbund mit bemannten Schiffen zum Einsatz. Wenn Drohnen die Überwachung eines Gebiets vornehmen und Gefahren aufspüren, kann das entsprechende Personal anders eingesetzt werden.