Umbau bei Chat-GPT-Erfinder Open AI: Topmanagerin Murati geht, und das Startup richtet sich neu auf Profit aus
Nun geht auch die Cheftechnologin: Überraschend reicht Mira Murati ihren Rücktritt beim Chat-GPT-Entwickler ein. Ihr Abgang erfolgt gerade zu einem Zeitpunkt, an dem die Firma sich neu profitorientiert aufstellt.
Die Turbulenzen beim Chat-GPT-Erfinder Open AI erreichen einen neuen Höhepunkt: Nach einer Reihe von Abgängen prominenter Mitarbeiter machte am Mittwoch auch die Technologiechefin Mira Murati ihre Kündigung öffentlich. Zunächst schrieb sie in einer E-Mail an die Belegschaft und später auf der Plattform X: „Ich gehe, weil ich Zeit und Raum schaffen will, um meine eigenen Wege zu gehen.“ Sie dankte Open AI und den Mitarbeitern für die gemeinsamen sechseinhalb Jahre.
Ich habe heute die folgende Notiz mit dem OpenAI-Team geteilt. pic.twitter.com/nsZ4khI06P
– Mira Murati (@miramurati) 25. September 2024
Ihre Nachricht liess nicht den Eindruck entstehen, dass es Streit mit dem CEO Sam Altman gegeben habe. In einer Antwort auf X dankte ihr Altman. „Man kann gar nicht genug betonen, was Mira für Open AI geleistet hat.“
Muratis Abgang ist ein herber Schlag für Open AI. Die 35-Jährigen zählen zu den Top-KI-Wissenschaftern weltweit und galten als Nummer zwei bei Open AI. Ihre Kündigung reihte sich in einer Serie hochkarätiger Abgänge bei dem Startup ein: Im Mai ging etwa der Chef-Forscher Ilya Sutskever, der eine Rolle bei Altmans Rauswurf gespielt hatte. Er hat inzwischen ein neues Startup, das hochintelligente KI-Software entwickeln wird. Mehrere Mitgründer von Open AI, unter ihnen auch der Forscher John Schulman, gingen zum Konkurrenten Anthropic.
Ich habe gerade diese Notiz auf openai gepostet:
Hallo zusammen-
Mira war in den letzten 6,5 Jahren maßgeblich am Fortschritt und Wachstum von OpenAI beteiligt. Sie war ein äußerst wichtiger Faktor bei unserer Entwicklung von einem unbekannten Forschungslabor zu einem wichtigen Unternehmen.
Als Mira mir heute Morgen mitteilte, dass…
– Sam Altman (@sama) 26. September 2024
Murati wurde im vergangenen November kurzzeitig zur Chefin des Startups ernannt, nachdem der Verwaltungsrat überraschend den CEO Altman herausgedrängt hatte. Die genauen Gründe für den Schritt sind nach wie vor nicht bekannt. Wenige Tage später kehrte Altman jedoch nach Protesten von Mitarbeitern und des Großinvestors Microsoft zurück. Murati stellte sich zunächst hinter Altman vor. Seitdem haben sämtliche Kritiker von Altman den Verwaltungsrat von Open AI verlassen.
Wenige Stunden nach Murati reichen außerdem der Forschungschef Bob McGrew und der für Forschung zuständige Topmanager Barret Zoph ihre Kündigungen ein. Ein Zusammenhang zwischen der Umgestaltung und den Manager-Abgängen wurde zunächst nicht hergestellt.
Vom ursprünglich dreizehn Personen umfassenden Gründungsteam, das Open AI 2015 aus dem Boden stampfte, bleiben nun noch drei. Einer dieser drei, der Präsident Greg Brockman, hat bis Ende Jahr ein Sabbatical eingelegt.
Open AI baut sich zur klassischen Techfirma um
Zudem wurde am Mittwoch bekannt, dass das Startup seinen alten Status als Non-Profit-Firma aufgeben und klassisch profitorientiert werden wird, wie mehrere amerikanische Medien berichten. Das wäre bemerkenswert, weil Open AI 2015 als Non-Profit-Organisation gegründet wurde mit dem Ziel, die Menschheit mit der Hilfe künstlicher Intelligenz voranzubringen, ohne dabei von finanziellen Zwängen angetrieben sein zu müssen.
2019 hatte der damals neue CEO Sam Altman dem Startup dann eine neue Firmenstruktur verliehen: Ergänzend zum Nonprofit-Arm wurde eine «‹Capped› for profit»-Organisation geschaffen. Dieser Firmenbereich sollte vor allem Geld aufnehmen – allerdings wurde die Möglichkeit für Rendite beim Hundertfachen des Investments gekappt. Wer auch 1 Million Dollar in Open AI investierte, dürfte maximal 100 Millionen Dollar zurückbekommen.
„Im Zuge des Umbaus könnte Altman nun einen Anteil von 7 Prozent an dem KI-Unternehmen bekommen“, schrieb die Nachrichtenplattform Bloomberg. Altman hält bis dahin keine Anteile an Open AI.
Wie das „Wall Street Journal“ berichtet, wird Open AI künftig eine „public-benefit-corporation“ werden mit dem Ziel, Gutes für die Gesellschaft zu schaffen und auf nachhaltige Weise zu wirtschaften. Weiterhin soll es aber einen Nichtprofit-Arm geben, der auch Anteile an der profitorientierten Firma hält. Der Umbau dürfte in diesem Jahr nicht mehr vonstattengehen, berichtete die „New York Times“.
Umbau soll Firma für attraktive Investoren machen
Der entscheidende Unterschied zur bisherigen Firmenform besteht darin, dass neue Investoren unbeschränkte Gewinne machen könnten, wenn sie in Open AI investieren. Das ist insofern relevant, als dass Open AI zur Zeit auf Investorensuche ist: Merkenswerte 6,5 Milliarden Dollar wird das KI-Startup einsammeln – bei einer Bewertung von 150 Milliarden Dollar. Es wäre die größte Summe, die je von Wagniskapitalgebern einmal investiert wurde.
Das ist nötig, weil Open AI zur Zeit deutlich mehr ausgibt, als es einnimmt: 3 Milliarden Dollar Einnahmen stünden unerwarteten Ausgaben von 7 Milliarden Dollar gegenüber, schrieb die «New York Times». Das erklärt sich damit, dass KI-Berechnungen sehr viel Rechenkapazität verschlingen – und Chat-GPT ist der beliebteste KI-Chatbot.
Mehrere Firmen wie Nvidia, Apple und Microsoft wollen im Zuge dessen nun in Open AI investieren. Die Wagniskapitalfirma Thrive hat bereits 1 Milliarde Dollar zugesagt. Die Umwandlung in ein Unternehmen, das sowohl auf das öffentliche Wohl als auch auf Profit ausgerichtet ist, könnte Open AI attraktiver für Investoren machen.
Mit Agenturmaterial.