Die Gott-KI und der «AssistantAssistant»: ChatGTP eröffnet einen Art App-Store
Abseits der Machtkämpfe in der Führungsetage von Open AI plant das Unternehmen revolutionäre Neuerungen für Chat-GPT. Das KI-Werkzeug soll dank einem App-Store die breite Masse erreichen.
Das Startup OpenAI schaffte es in den vergangenen Tagen bei Medien rund um den Globus in den Schlagzeilen – wegen des Dramas um die Entlassung und die Rückkehr von CEO Sam Altman. Daneben gingen die technischen Neuerungen unter, welche das Unternehmen auf seiner ersten Entwicklerkonferenz im November vorgestellt hatte. Dabei sind die Änderungen beträchtlich und deren Potenzial groß: Sie könnten dem KI-Tool helfen, noch weiter in den Mainstream zu rücken.
Die wichtigste Änderung sind integrierte Apps, sogenannte «GPTs». Die Funktion erlaubt es den Nutzern von ChatGPT, ihre eigenen, individuellen Sprachassistenten zu erstellen und diese auf die persönlichen Anforderungen zuzuschneiden. Programmierkenntnisse sind dafür nicht nötig. Stattdessen erfolgt die Einrichtung ChatGPT-typisch per Unterhaltung in natürlicher Sprache.
Geht es nach OpenAI, sollen die GPTs nicht nur die Nutzung des Dienstes individueller gestalten, sondern Basis für ein ganzes KI-Ökosystem sein. Dazu wird das Unternehmen in den nächsten Wochen einen Art App Store für ChatGPT starten, in dem die Nutzer ihre GPT-Kreationen anbieten und monetarisieren können.
KI-Apps generieren Bilder und analysieren Programmcode
Wie viele andere Funktionen des KI-Systems ist auch die GPT-Erstellung den Abonnenten von Chat-GPT Plus vorbehalten. Sie finden im Bereich „Explore“ die Option, beliebig viele GPTs zu erstellen. Dazu teilt man dem Dienst mit, was der eigene KI-Bot leisten soll. Ein Assistent führt abschließend Schritt für Schritt durch die Erstellung des eigenen GPT-Modells, spätere Anpassungen sind jederzeit möglich. Die damit verbundenen Möglichkeiten sind vielfältig. Von einfachen Chatbots bis hin zu komplexen Produktivitätsumgebungen samt Anbindung an externe Web-Dienste reichen die Möglichkeiten, die Open AI bereits jetzt zur Verfügung stellt.
Auch der Code Interpreter, der Programmcodes analysieren kann, sowie die kürzlich auf die dritte Version aktualisierte Bildgenerierung Dall-E lassen sich in die eigenen GPTs integrieren. Letztere können Künstler unter anderem dazu nutzen, dem GPT ihren persönlichen Zeichenstil zu vermitteln, den der Dienst schnell schon unheimlich glaubwürdig nachahmen kann. Autoren haben jedoch die Option, eigene Manuskripte hochzuladen, um dem Chatbot einen Stil zu vermitteln oder auch Fragen zu komplexen Inhalten wie Büchern zu stellen. Unternehmen könnten die GPTs zur Mitarbeiterschulung nutzen, um etwa Chatbots auf Basis von Unternehmensleitfäden und Handbüchern zu erstellen.
Obwohl der App-Store noch nicht online ist, können die so erstellten GPTs bereits mit anderen geteilt werden. Auf Reddit, X und Discord fanden sich bereits wenige Tage nach der Veröffentlichung unzähliger spezieller GPT-Modelle. Während beispielsweise Assistant-Assistant als Helfer für Programmierer auf Einsteigerniveau agiert, eröffnet God-GPT die Diskussion über verschiedene philosophische und religiöse Ideen auf Basis bekannter literarischer Werke.
Die Möglichkeiten von GPTs sind beeindruckend. Dennoch hat das System auch seine Kehrseiten. Das wohl größte liegt in der Natur von Chat-GPT: Sämtliche Daten, die die Nutzer dem GPT-Modell anvertrauen, werden in der Cloud auf Open-AI-Servern verarbeitet. Standardmäßig behält sich die Firma außerdem vor, alle Eingaben für das Training der eigenen KI-Fähigkeiten vorzubehalten. In den Kontoeinstellungen kann dieses Vorgehen widersprochen werden, eine der serverseitigen Auswertung der Eingaben ändert sich das aber natürlich nichts.
Mit der Einführung des GPT-Stores könnte Open AI auch den Markt für Drittanbieter-KI-Dienstleister aufwirbeln. Unzählige kleine Startups greifen für ihre eigenen KI-Angebote auf die Chat-GPT-Schnittstellen zurück, darunter viele Browser-Erweiterungen für Chrome und Firefox. Aus Nutzersicht sind diese Programme zwar komfortabel, aber in der Praxis häufig teurer als der direkte Zugriff auf Chat-GPT. Sollte Open AI den GPT-App-Store transparent gestalten, könnte dies potenziell zu einer Konsolidierung des KI-Überangebots führen.
Wissensstand auf April 2023 erweitert
Die GPT-Generierung ist nicht die einzige Neuerung, die Open AI sein Vorzeigeprodukt in den vergangenen Wochen verpasst hat. So wurde der Wissensstand des Tools im April 2023 erweitert. Auch müssen Abonnenten nicht mehr wählen, ob sie eine Konversation führen, ein Bild erstellen oder eine Code-Analyse durchführen sollen. Stattdessen führt der Chat dynamisch zum Ziel. Die Smartphone-Apps von Chat-GPT erlauben außerdem seit kurzem gesprochene Konversationen.
Hinter den Kulissen hat Open AI ein neues Sprachmodell namens GPT-4-Turbo eingeführt. Wer den Dienst per API-Schnittstelle ansteuert, kann darüber hinaus längere Eingaben vornehmen, um beispielsweise komplexe Texte von mehreren hundert Seiten Länge an das System zu schicken. Sowohl damit als auch mit der Einführung der persönlichen GPTs wird Open AI Schritt für Schritt die digitale Vergesslichkeit von Chat-GPT ausmerzen. In mehreren Sitzungen betonten die Entwickler hinter der künstlichen Intelligenz, dass eine längere Speicherung von Konversationsinformationen auf der internen Prioritätenliste weit oben steht. Die Entwicklung von Open AI und Chat-GPT bleibt auch abseits geschäftspolitischer Grabenkämpfe spannend.