Die Konkurrenz aus China wächst, die Nachfrage nach Elektroautos sinkt, der CEO Elon Musk fordert mehr Aktien – und nun schrumpft auch noch die Gewinnspanne.
Wegfallende Subventionen für Elektroautos in mehreren Ländern setzen Tesla zu.
Seongjoon Cho / Bloomberg
Auf den ersten Blick waren es wunderbare Nachrichten, die Teslas CEO Elon Musk den Investoren am Mittwoch präsentierte. Der Gewinn des amerikanischen Elektroautoherstellers hat sich im letzten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahr auf 7,9 Milliarden Dollar verdoppelt. Doch Grund dafür waren nicht etwa Musks unternehmerisches Genie oder grandiose Verkaufszahlen des Cybertrucks – basiert auf neuem Tesla von einem Buchhaltungseffekt. Eine einmalige Steuergutschrift wurde im vierten Quartal verbucht.
Tatsächlich sind Teslas Nachrichten für Investoren zurzeit wenig überraschend: Die Gewinne schmelzen, und die Firma warnt vor einem «spürbar langsameren Wachstum» im laufenden Jahr.
Teslas Gewinnspanne hat sich halbiert
Teslas Geschichte ist zurzeit einer der sinkenden Gewinnmargen. Lag diese vor einem Jahr noch bei bemerkenswerten 16 Prozent – die höchste in der gesamten Industrie –, ist sie nun, ein Jahr später, im vierten Quartal 2023 nur noch rund halb so hoch (8,2 Prozent).
Zwar produzierte Tesla im vierten Quartal stolze 560 000 Fahrzeuge, „so viele wie keine andere Autofabrik in Nordamerika“, jubelte Musk am Mittwoch im Telefonat mit Investoren. Das Magazin stimmt – doch angesichts des steigenden Wettbewerbsdrucks musste Tesla die Verkaufspreise für diese Neufahrzeuge in den USA, China und Europa massiv senken.
Vor allem die Chinesen sitzen Tesla im Nacken. Der chinesische Konkurrent BYD hat Tesla gerade als weltgrößten Hersteller von Elektroautos überholt: Im vierten Quartal verkaufte der Autobauer aus Shenzhen 526 000 rein batteriebetriebene Elektrofahrzeuge und damit erstmals mehr als Tesla (484 000 Stück). Mit Blick auf das ganze Jahr 2023 war zwar Tesla noch die Nummer eins, doch BYD steht erstmals in der Liga der zehn größten Autobauer weltweit vor.
BYD zum ersten Mal in den Top Ten
Absatz von Autos im Jahr 2023, in Millionen
Die meisten Fahrzeuge von BYD sind günstiger als die von Tesla. Entsprechend sah sich der amerikanische Elektroautohersteller jüngst unter Druck, ebenfalls die Preise zu senken, um nicht allzu große Marktanteile zu verlieren.
Der neue Cybertruck frisst an den Gewinnmargen
Drastisch niedrigere Gewinnmargen im vierten Quartal sind aber nur die jüngste in einer seit Monaten anhaltenden Serie von Hiobsbotschaften für Tesla. Ein Kernproblem besteht darin, dass die Nachfrage nach Elektroautos unter anderem gesunken ist, weil in jüngerer Zeit zahlreiche Länder, darunter Deutschland, ihre Subventionen gekürzt oder ganz gestrichen haben.
Weiteres Ungemach könnte dem Unternehmen auch bald zu Hause, im wichtigen Absatzmarkt USA, bevorstehen: Falls der Republikaner Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen im November gewinnt, drohen auch dort die steuerlichen Vergünstigungen für Elektroautos wegzufallen.
Probleme in der Lieferkette setzen Tesla zusätzlich zu. In Deutschland, wo in Berlin das Model Y produziert wird, muss der Elektroautohersteller nun zwei Wochen lang schnell seine gesamte Produktion herunterfahren, weil Bauteile nach Angriffen auf Schiffe im Roten Meer fehlen. In anderen Ländern wie Schweden setzen die Gewerkschaften der Autobauer mit Streiks unter Druck, die Löhne und Sozialleistungen auszubauen und einen Tarifvertrag zu unterzeichnen. Musk weigerte sich dagegen.
Auch mit seinem Prestigeprojekt, dem Cybertruck, gibt es Probleme. Das futuristisch anmutende Elektroauto aus Edelstahl ist Teslas erstes neues Passagierfahrzeug seit mehr als drei Jahren. Es kam im vergangenen November endlich auf den Markt. Doch bereits gibt es Produktionsprobleme. Vermutlich würde es noch ein Jahr, vielleicht sogar achtzehn Monate dauern, bis der Cybertruck zum Umsatz des Konzerns beitragen könnte, teilte Musk mit. Bis dahin frisst die teure Produktion des neuen Fahrzeugs ebenfalls an den Gewinnmargen des Konzerns.
Die Produktion des neuen Cybertrucks ist für Tesla teuer.
Scott Coleman / Imago
Mitte Januar kündigte dann auch noch die Mietwagenfirma Hertz an, ein Drittel ihrer gesamten Flotte an Elektrofahrzeugen abzustoßen; Die 20 000 nun zum Verkauf stehenden Autos sind vor allem Tesla-Fahrzeuge. Grund dafür ist, dass die plötzlichen Preissenkungen von Tesla den Wiederverkaufspreis der alten Fahrzeuge stark gesenkt haben. Zudem erklärte Hertz den Entscheid damit, dass Elektrofahrzeuge in überproportional vielen Unfällen verwickelt seien, was mit teuren Reparaturen einhergehe. Es sind ganz andere Töne als noch vor gut zwei Jahren, als die Mietwagenfirma stolze 100 000 Teslas kaufte und dem Autohersteller zu einem Höhenflug an der Börse verhalf.
Musk fordert einen größeren Anteil an Tesla-Aktien
Neben all dem muss sich Tesla nun mit einer überraschenden Forderung von Musk auseinandersetzen. Der 52-Jährige, der Mitgründer und seit 2008 CEO des Autobauers ist, verlangte vergangene Woche, dass sein Anteil an der Firma auf 25 Prozent steige – «. . . Sonst werde ich künftig Produkte ausserhalb von Tesla bauen». Ein Viertel der Tesla-Aktien entspräche einem Gegenwert von 80 Milliarden Dollar.
Musk hält derzeit 13 Prozent der Aktien und ist damit größter Anteilseigner. Zählt man seine Bezugsrechte für weitere Aktien hinzu, beläuft sich sein Anteil auf 20,6 Prozent.
Auf diese Forderung angesprochen, sagte Musk am Mittwoch, dass es ihm nicht um mehr Geld gehe, sondern um mehr Einfluss. Er wolle verhindern, dass aktivistische Investoren ihn aus dem Unternehmen drängen könnten. „Ich sehe eine Möglichkeit, (aus Tesla) einen KI- und Robotik-Riesen mit ungeheuren Fähigkeiten und Macht zu machen“, sagte Musk. Ein Anteil von 25 Prozent sicherte ihm keine Kontrollmehrheit am Unternehmen, aber er konnte «einen starken Einfluss» ausüben, «und darum geht es mir».
Tesla-Aktien gaben bis am Donnerstagmittag (Lokalzeit) um gut 10 Prozent nach.